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Bericht zum 11. Düsseldorfer Medizinstrafrechtstag

Der von der ARGE Medizinrecht im DAV und dem Düsseldorfer Institut für Rechtsfragen der Medizin (IMR) in diesem Jahr virtuell ausgerichtete 11. Düsseldorfer Medizinstrafrechtstag widmete sich erneut zahlreichen aktuellen Brennpunkten des Medizinstrafrechts.

Den Auftakt machte Prof. Dr. Gunnar Duttge, Universität Göttingen, mit einem Update im Medizinstrafrecht, das Entscheidungen und Tendenzen in der aktuellen Rechtsprechung aus dem Spannungsfeld von Selbstbestimmung und Lebensschutz aufgriff. Duttge legte den Fokus zunächst auf die jüngste Rechtsprechung zum assistierten Suizid, thematisierte sodann anhand einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Berlin die Frage des Lebensschutzes in der Geburtshilfe und behandelte anschließend die strafrechtliche Einordnung der Triage in Zeiten von COVID-19.

Der Vertretung von Unternehmen und Zeugen im Medizinstrafverfahren widmete sich anschließend RA Dr. Ulrich Leimenstoll (Köln). Behandelt wurden verschiedene Szenarien, in denen ein Unternehmen von Strafverfahren betroffen sein könnte. Auch die Kernelemente des VerSanG-Entwurfs, der u.a. eine beschuldigtenähnliche Stellung des Verbands vorsieht, kamen zur Sprache. Der Vortrag beleuchtete weiterhin die Ziele von Unternehmensstrafverteidigung im Verbandskontext und die Möglichkeiten des Zeugenbeistands im Medizinstrafverfahren.

Strafrechtliche Risiken im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Medizin bildeten das Thema des Vortrags von Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf (Würzburg). Der Vortrag umfasste zahlreiche Anwendungsbeispiele von der elektronischen Patientenakte bis zum Telemonitoring sowie die Erläuterung des technischen Hintergrunds der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Außerdem betrachtete Hilgendorf spezielle Anwendungen digitaler bzw. technischer Lösungen, etwa die personalisierte Medizin oder den Einsatz medizinischer KI. Auf eine Darstellung der Vorteile solcher Lösungen folgte die Herausarbeitung strafrechtlich relevanter Themenfelder im Kontext der Digitalisierung der Medizin.

Den Erfahrungen zu dem sozialrechtlichen Verbot der Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten gemäß § 128 SGB V und den Auswirkungen auf Ärzte, Kammern und Ermittlungsbehörden widmete sich Prof. Dr. Karsten Scholz (Berlin). § 128 SGB V blickt auf zahlreiche Reformen aus den vergangenen Jahren zurück, die Scholz zunächst im Überblick darstellte und anschließend in Bezug auf die in dieser Vorschrift enthaltenen Verbote systematisierte. Einen Schwerpunkt legte Scholz etwa auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem hinreichenden räumlichen Zusammenhang zwischen den Praxisräumlichkeiten und dem Depot auszugehen wäre, der den Anwendungsbereich des § 128 Abs. 1 SGB V eröffnete. Zudem befasste sich Scholz mit dem Schutz der freien Apothekenwahl und betrachtete aktuelle Herausforderungen für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die sich in Bezug auf die Übermittlung von Verordnungen künftig ergeben könnten.

Aktuelle MVZ-Konstruktionen als Strafbarkeitsrisiko beleuchtete RA Dr. Ingo Pflugmacher (Bonn). Der Vortrag gliederte sich in die Betrachtung strafrechtlicher Risiken bei Gründung, im Betrieb und bei Verkauf. Die Strafbarkeitsrisiken ergäben sich aus der komplexen Binnenstruktur sowie einer ggf. ungeklärten Rechtslage in Sozial- und Berufsrecht. Das Themenspektrum reichte von den Voraussetzungen der MVZ-Gründung über die Arbeitszeitenregelungen von angestellten Ärzten bis zum Praxisverkauf.

Zu Unternehmenssanktionen im Gesundheitswesen referierte schließlich RA Dr. med. Mathias Priewer (Berlin). Nach einem Überblick zu Entwicklung und aktuellem Stand des ein Verbandssanktionengesetz (VerSanG) umfassenden Gesetzgebungsvorhabens[1] widmete sich der Vortrag den darin vorgesehenen Beendigungsszenarien eines Verbandssanktionsverfahrens. Priewer stellte mögliche Konsequenzen des VerSanG-Entwurfs auf die Verbände im Gesundheitswesen vor und legte dabei den Schwerpunkt auf die bislang noch nicht ausführlich diskutierte Publizität des Fehlverhaltens von Verbänden  durch eine öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung des Verbandes (§ 14 VerSanG-Entwurf).

Mit einem Schlusswort verabschiedete der Vorsitzende der ARGE Medizinrecht im DAV, RA Prof. Dr. Martin Stellpflug (Berlin), die Teilnehmer und Referenten.

Der 12. Düsseldorfer Medizinstrafrechtstag wird im November 2021 stattfinden.

 


[1] Der Regierungsentwurf v. 16.6.2020 ist abzurufen unter: www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Staerkung_Integritaet_Wirtschaft.html (zuletzt abgerufen am 1.12.2020).

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