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Erstes Düsseldorfer Medizinrechts-Kolloquium

(Ausführlicher Tagungsbericht in GesR 2018, 812 ff.)

Das Institut für Rechtsfragen der Medizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat eine neue Veranstaltungsreihe für den Nachwuchs im Medizin- und Gesundheitsrecht. Am 28. September 2018 fand das Erste Düsseldorfer Medizinrechts-Kolloquium auf dem Campus der HHU statt, das sich insbesondere an Doktoranden und Habilitanden mit medizinrechtlichem Forschungsschwerpunkt richtete.

Fünf Nachwuchswissenschaftler stellten ihre wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen eines Vortrags vor, erläuterten den aktuellen Stand ihrer Forschung und gaben einen Ausblick auf ihre noch folgenden Schwerpunkte. In den anschließenden Diskussionen bot sich den knapp 50 Zuhörern Gelegenheit für Rückfragen, Feedback und Tipps an die Referenten. Das Publikum war erfreulich breit aufgestellt: Doktoranden und Habilitanden aus ganz Deutschland und der Schweiz, aber auch Hochschullehrer, Anwälte, Richter und Ärzte folgten mit großem Interesse den wissenschaftlichen Beiträgen und ließen die Vortragenden durch ihre Rückmeldungen von ihrer Fachkompetenz profitieren.

Frau Prof. Dr. Katharina Lugani, Direktorin des Instituts für Rechtsfragen der Medizin an der HHU Düsseldorf (IMR), betonte in ihrer Begrüßungsansprache ihre Freude über das neue Betätigungsfeld des IMR. Neben dem medizinrechtlichen LL.M.-Studiengang und dem Schwerpunktbereich im Medizinrecht, der seit dem Sommersemester 2018 an der Juristischen Fakultät angeboten wird,  gebe es nun auch eine Veranstaltung des Instituts, die sich insbesondere an den wissenschaftlichen Nachwuchs in diesem Rechtsgebiet richte.

Thematisch war das Kolloquium offen gehalten, um dem Charakter des Medizin- und Gesundheitsrechts als Schnittstellenrechtsgebiet Rechnung zu tragen. Entsprechend ergab sich der medizinrechtliche Bezug der fünf Vorträge sowohl im Zusammenspiel mit dem Zivil- und Strafrecht als auch mit dem öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsrecht.

Den Anfang machte Frau Dr. Eva Maria Rütz, LL.M. (Medizinrecht), Partnerin der Kanzlei Luther Rechtsanwälte. Sie stellte das Konzept ihrer Habilitationsschrift zum Thema „Korruption in der Medizin“ vor. Dabei betonte sie die Janusköpfigkeit der neu geschaffenen Straftatbestände der §§ 299a und b StGB, die zwar Korruption bekämpfen sollen, dadurch aber auch wünschenswerte symbiotische Kooperationsmöglichkeiten im Gesundheitswesen einschränkten. Als Beispiel führte sie die ungerechtfertigte Pönalisierung von Belegarztverträgen an, bei der sich die Grenze zur strafbaren Korruption anhand der ungeklärten Frage nach der Angemessenheit der Vergütung definiere.

Der zweite Beitrag des Tages kam von Frau Christina Gabriele Bern, LL.M. (Medizinrecht), Doktorandin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg an der CAU Kiel. Frau Bern beschäftigt sich mit den ethischen und rechtlichen Grenzen des „Genome Editing“. Nach einer kurzen Einführung in die medizinischen Grundlagen der Genbearbeitung, die es insbesondere zulässt, Erbkrankheiten im Embyonenstadium zu erkennen und zu Krankheiten und Behinderungen führende Genmutationen zu beheben, gab sie den Zuhörern einen Überblick über die rechtliche Beurteilung am Maßstab des Embryonenschutzgesetzes und aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel.

Nach der gemeinsamen Mittagspause holte Herr Prof. Dr. Jens Prütting, LL.M. oec., Juniorprofessor an der Bucerius Law School und Direktor des dortigen Instituts für Medizinrecht, die Zuhörer zurück an ihre Plätze. Herr Prütting gab durch seinen Vortrag einen Einblick in seine Habilitationsarbeit zum Thema „Rechtsgebietsübergreifende Normkollisionen – Auf der Schnittstelle von privatrechtlichem Arzt- und öffentlich-rechtlichem Sozialversicherungsrecht“. Er stellte zunächst allgemein dar, wie Normkollisionen in Teilrechtsgebieten begrifflich zu erfassen und idealerweise aufzulösen seien, bevor er dies am Beispiel des Arzthaftungsrechts im Spannungsfeld zwischen dem behandlungsvertraglichen Haftungsstandard des § 630a Abs. 2 BGB und den sozialversicherungsrechtlichen Qualitäts- und Sorgfaltsmaßstäben, die auf Basis der §§ 135 ff. SGB V durch den Gemeinsamen Bundesausschuss erlassen wurden, genauer erläuterte.

Die vierte Vortragende an diesem Tag war Frau Melanie Steuer, Rechtsanwältin und Doktorandin am Institut von Prof. Dr. Gunnar Duttge an der Georg-August-Universität Götting. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit der Neukonzeptionierung der ärztlichen Aufklärungspflicht vor dem Hintergrund der philosophischen „Wahrheitstheorien“ und neueren medizinischen Erkenntnissen aus der sog. Nocebo-Forschung. Die Pflicht zur Aufklärung dürfe nicht zulasten der Individualität des Arzt-Patient-Verhältnisses gehen. Die Aufklärung in ihrer aktuellen Form, die eigentlich dem Paternalismus im Rahmen der Behandlung vorbeugen sollte, sei mittlerweile zum Instrument desselben geworden, da ein Aufklärungsverzicht des Patienten aufgrund der gleichwohl geforderten Grundaufklärung und der Furcht der Ärzteschaft vor einer Haftung aufgrund von Aufklärungsfehlern praktisch kaum möglich sei.

Nach einer kurzen Kaffeepause hielt Frau Frau Claudia Christiane Stühler, Doktorandin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Bijan Fateh-Moghadam an der Universität Basel, den letzten Beitrag des Tages. Frau Stühler beschäftigt sich in ihrer Dissertation zum Thema „Sterbehilfe bei Cyborgs – Technische Implantate am Lebensende“ mit den rechtlichen Konsequenzen der zunehmenden Vertechnisierung des menschlichen Körpers, der sog. Cyborgisierung. Dadurch werde auch der Tod vom metaphysischen zum technischen Problem. Sie erläuterte aus strafrechtlicher Perspektive die Frage, ob der Patient über die Deaktivierung bzw. Explantation eines lebenserhaltenden medizinischen Implantats (z.B. Herzschrittmacher) entscheiden und somit seinem Leben ein Ende setzen lassen darf, ohne dass sich der Behandelnde wegen Tötung auf Verlangens gem. § 216 StGB strafbar macht.

Die Zuhörer erwiesen sich bei allen Vorträgen als äußerst diskussionsfreudig, lobten die gelungenen Präsentationen und gaben Anregungen für die weitere Arbeit der Referenten. Bei dem anschließenden gemeinsamen Abendessen, für dessen Unterstützung den Kanzleien Prof. Dr. Halbe, Rothfuß & Partner, Möller & Partner, Rehborn Rechtsanwälte und Taylor Wessing herzlich zu danken ist, bot sich die Gelegenheit, diese Diskussionen fortzuführen und den Tag in gemütlicher Atmosphäre ausklingen zu lassen. Durch diesen fachlichen Austausch und die Möglichkeit, die zukünftigen Kollegen auf dem Gebiet des Medizinrechts kennen zu lernen, wurde das Kolloquium zu einem Gewinn sowohl für das Publikum als auch für die Referenten. Eine Wiederholung im kommenden Jahr ist daher in jedem Fall geplant.

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